BdV-Info 2007/02

Wenn man sich die BdV-Info 2007-02 ansieht,
fragt man sich wieder einmal besorgt,
ob man eine Broschüre des Bundes der Versicherten
oder des Bundes der Versicherer vor sich hat.


Gleich auf Seite 1 erfahren wir, dass unsere "Idealvorstellungen" kein Maßstab
zur Bewertung des neuen Versicherungsvertragsgesetzes sind.
Was sind eigentlich unsere Idealvorstellungen, Frau Blunck?
Irgendwie erwartet man in einer Verbraucherzeitschrift zuerst eine Schilderung
des neuen Gesetzes aus Verbrauchersicht und nicht einen Gastkommentar.

Auf Seite 2 empfängt uns gleich als nächstes das Konterfei von Dr. Volker Leienbach,
seines Zeichens Direktor des Verbandes der privaten Krankenversicherung.
Er bekommt fast eine ganze Seite eingeräumt,
um unkommentiert die Sicht der Privaten Krankenversicherer
auf die Reform der Pflegeversicherung ausbreiten zu können.
Da lernen wir schon in der Zusammenfassung in einem Nebensatz,
dass es Expertenmeinung sei,
dass Pflegeversicherung im Kapitaldeckungsverfahren erfolgen sollte.
Auf Experten von Banken und Versicherungen trifft dies sicher zu,
aber zum Glück nicht auf alle.

Zitat Hans-Jürgen Krupp in der ZEIT 2007/21:
"Das Umlageverfahren ist ja keine Erfindung kluger Ökonomen. Es ist das Produkt des Versagens der Kapitaldeckung. Alle Systeme, die nach dem Umlageverfahren laufen, haben als kapitalgedeckte Systeme angefangen! Aber das hat meistens nicht funktioniert. Deutschland ist ein ganz klassisches Beispiel, wo die Kapitalanlagen durch die Hyperinflation in den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts und die Folgen des Zweiten Weltkriegs im Nichts verschwunden sind. Das Umlageverfahren ist eben viel krisensicherer. Nur dieser Tatsache verdankt es seine Existenz. Eine Ergänzung durch Kapitaldeckung schließt das aber nicht aus. Gerade in Deutschland, wo das Kapitalvermögen der Menschen kaum eine Rolle spielt. Übrigens: Auch ich bin ein großer Verfechter des Schweizer Systems."

Und natürlich gibt es wieder die üblichen Seitenhiebe
auf den Ausgleich zwischen privater und gesetzlicher Pflegeversicherung.


Auf Seite 14 lobt sich der BdV
für die neue "unabhängige" Beratung des BdVs bei der Altersvorsorge.
Dies und der Vorstandsvorsitz für Fritz Lange
sind wohl das kleine Dankeschön von Frau Blunck an den Itzehoer Aktienclub,
der den Umsturz von Braun und Klaebe mit abgewendet hat.
Da wird das Loblied auf Rürup- und Riesterrente und die Entgeltumwandlung angestimmt
und da wird, wie in allen Werbeprospekten der Betriebsrentenkassen, geflissentlich übersehen,
dass "Sozialversicherungsfreiheit" nicht nur Freiheit von Versicherungsbeiträgen
sondern auch Freiheit von Versicherungsschutz
(Kranken-, Arbeitslosen-, und natürlich auch Rentenversicherung) bedeutet.
Jeden Euro den man monatlich bei den Sozialversicherungsbeiträgen spart,
bedeutet ungefähr eine Kürzung der gesetzlichen Rente um einen Euro monatlich.
Wenn man der Logik der Banken folgt,
dass man aus der gesetzlichen Rentenversicherung ohnehin im Alter nichts herausbekommt,
mag das richtig sein,
aber die Erfahrung mit der Vergangenheit (siehe Krupp oben)
und anderen Ländern (etwa Chile) zeigt,
dass die kapitalgedeckte Rentenversicherung das krisenanfälligere Konstrukt ist.

Siehe Manfred Frieling: Betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung ist eine Mogelpackung



Auf Seite 19 dann Thomas von Holt, der Schöpfer der neuen Satzung,
im Interview über unsere Klage gegen die Beschlüsse der Mitgliederversammlung 2006.
Wen soll Frau Blunck auch befragen, wenn sie unbedingt vermeiden will,
dass die Kläger selbst etwas sagen dürfen,
oder dass auch nur ein Name der Kläger genannt
oder sonst irgendeine Kontaktmöglichkeit geschaffen wird?
Genausogut hätte sich Frau Blunck auch selbst befragen können.
Da schreibt Herr von Holt zum Beispiel:
"Die Wahlen wurden nicht angefochten, ...".
Das kann man nur behaupten, wenn man sich nicht aus Primärquellen informiert.
Tatsächlich haben wir die Wahlen angefochten.
Er schreibt außerdem
"Weshalb Mitglieder die Einführung eines Kontrollgremiums verhindern wollen,
darüber lässt sich nur spekulieren."
Darüber muss man überhaupt nicht spekulieren,
denn auf www.bund-der-verunsicherten.de
erfährt man alles, was man wissen muss,
und wer ungeduldig ist, kann die Kläger auch direkt fragen.
Die Kurzform:
Nach der neuen Satzung, Paragraph 9
kann der Aufsichtsrat seine Meinung sagen,
die der Vorstand anhören kann, wenn er will, das war es aber auch schon.
Der Aufsichtsrat wurde von der gekauften Mitgliederversammlung 2006
mit Parteifreunden der Geschäftsführung besetzt.
Somit sind nicht einmal übermäßig kritische Meinungen oder Nachfragen zu erwarten.
So wie der derzeitigte Aufsichtsrat eingerichtet ist,
bringt er also ausschließlich folgende Neuerung: Er kostet Geld.



Ich will nicht verschweigen, dass ich auch einen klitzekleinen Lichtblick sehe.
Nachdem der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft
bereits 2006 einen Big-Brother-Award kassiert hat,
fühlt sich nun auch der BdV ermuntert,
dieses Thema in der BdV-Info auf Seite 16 zu erwähnen.

Montag, 10. Dezember 2007 - 12:57 Uhr (CET)


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